Noch bin ich in Encarnación, eine Stadt im Süden Paraguays.
Das hier ist Carmen’s Haus. Meine älteste Cousine, fast 74 Jahre, verwitwet, Tausendsassa, rastlos und Mutter im Taubenschlag.
Carmen und ihre Mutter (unsere Tante Sofía) leben hier eigentlich alleine. Doch es ist immer Besuch da. Hier ist die erste Anlaufstelle für Verwandtenbesuch aus der näheren Umgebung. Auch aus andere Orte des Landes. Aus Argentinien, Brasilien, Deutschland oder Kanada.Es ist ein kommen und Gehen! Carmen hat zwei Söhne und sieben Enkel. Alle lieben Carmen. Sie hat aber auch für alle Zeit und besonders Zeit um jeden Einzelnen zu verwöhnen.
Schon zum Frühstück ist der Eine oder die Andere da. Mittags sind selten weniger als sieben bis acht Mäuler zu stopfen. Ich fragte heute; kochen denn die Mütter, Frauen oder Angestellten denen kein essen? Carmen antwortete: doch, aber sie kommen doch so gerne hier her. Das kann ich nur zu gut verstehen! Und droht das Essen dem Ende zu neigen, so lässt Carmen ihr Teller stehen, rennt zur Küche und schon hat sie was Neues in der Pfanne am brutzeln.
Neulich sah ich wie sie mit einen beladenen Teller Richtung Nachbars Mauer verschwand. Das war einer der Enkel, er rief seine Oma an und fragte was es zum essen gibt. Er traute sich nicht rüber weil er schüchtern ist. Carmen reichte ihm das Essen über die Mauer.
Glaubt aber ja nicht, die Enkel werden nicht versorgt. Im Gegenteil, es denen sehr gut, aber bei Omi schmeckt es soooooo gut. Bei Omi ist es soooooo schön!
Vorgestern Abend, so um 22:30Uhr klingelte es. Es waren drei Teenager Enkel und zwei ihrer Freunde. Omi, dürfen wir bei dir übernachten? Dann sagte Carmen; ja, aber ich habe Besuch. Ela ist da und mein Sohn mit Frau und Kind aus Argentinien auch. Dann sagten sie, wir kommen schon zurecht und schlafen alle im Wohnzimmer. Kurz darauf hatte Carmen Essen für fünf hungrige Jungs hingestellt und die Kerle haben glücklich Fernsehspiele gespielt.
Carmen sagte zu mir; das macht so glücklich, die kommen so gerne hier her und ich weiß, dass sie nicht irgendwo auf der Straße oder sonst wo herumhängen.
Anderseits, wenn sie ein „Taxi" oder sonst was braucht, muss sie nicht lange telefonieren, es ist sofort Jemand da!
Sie hat recht! Was gibt es schöneres als ein gutes Familienleben! Hier wird FAMILIENLEBEN noch großgeschrieben! Irgendwie beneide ich sie ein wenig, ich hätte auch sehr gerne meine Kinder und Enkel ständig um mich herum.
Doch im Moment habe ich Familienleben, ich werde genauso verwöhnt und fühle mich hier Zuhause.
Immer gibt es was Typisches zum essen. Heute waren es eine Art Cannelloni. In Pfannkuchen gewickelte Krokodilfleischfüllung. Sowas von lecker! Übrigens, hier wachsen die Orchideen, Bromelien und Co. Ganz natürlich im Freien und am Baumstamm. Mit meiner Lieblingstante.----------------
Am Samstag war der 70. Geburtstag von Hugo. Mein ältester Cousin. Es war eine super Feier!
Die Stimmung war bombig! Ich muss aber mit aller Bescheidenheit zugeben, dass ich daran nicht ganz unbeteiligt war. Ich habe getanzt wie schon seit 40 Jahren nicht mehr! Die Gäste gut drauf, das Essen ein Spektakel! Kaltes Buffet und ein Sortiment an Gegrillten. Hier ein paar Spieße um Euch den Mund wässrich zu machen. Die Band eines anderen Cousins spielte, die haben es einfach drauf!
Erst wollte ich nicht so recht, denn ich bin mit einem eingeklemmten Nerv aufgewacht und spürte je nach Bewegung den so genannten „Hexenschuss“. (Manfredo meinte ich hätte mich selbst angeschossen…) Tante Sofía meinte; da hilft nur tanzen, tanzen und nochmal tanzen… es half nicht, aber es machte trotzdem Spaß! Meine Frisöse, eine angeheirate Nichte 2. Grades, hatte mich fachgerecht am nächsten Abend eingerenkt und seit her isses gut!
Aber zurück zur Feier… als ich meine Tante mit 92 so tanzen sah… habe ich mich gefragt, ob ich wohl auch am 70. meines Sohnes tanzen werde? Oder zumindest dabei sein? Oh jee, dann werde ich 97 sein… nicht mehr das jüngste Huhn, aber wenn ich eh bis 104 lebe, könnte es hinhauen! Hier ist Tantchen mit uns beiden, ich bin so froh hier zu sein und ein paar Tage mit ihr und alle anderen verbringen zu dürfen. Manfredo ist schon am Sonntag zurück nach Sao Paulo. Das ist mein lieblingscousin Raúl. Schon als Kinder waren wir die besten Freunde und wollten heiraten. Wir sagten immer; bis wir erwachsen sind, sind wir längst keine Verwandte mehr!Ich fahre heute Nacht nach Asunción und morgen geht’s zur alten Heimat Independencia. Dort bin ich geboren und groß geworden. Ich freue mich so sehr, dort mit vielen Freunden alte Erinnerungen aus zu graben! Verwandte habe ich dort keine.
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Encarnación, eine Stadt in Bewegung!
Änderung, Fortschritt, neue Perspektiven oder ein ökologisches Desaster für die Zukunft?
Die Hafenstadt im Süden ist jetzt eine Insel die nur noch an einem Zipfel des Festlandes hängt.
15 – 20 % der Einwohner mussten ihr Heim, ihr Geschäft und Wurzeln abbrechen und wegziehen.
Entweder in einen der 5 Neuen Vorstadtorte die zu diesem Zweck gebaut wurden, oder so wie Carmen, die auf dem Grundstück ihres Sohnes bauen konnte. Als ich das letzte Mal in Paraguay war, wohnte ich genau hier in Tante Sofias Haus. Der gesamte untere Stadtteil wurde platt gemacht. Erde auf wurde sechs Meter Höhe und wird noch herangefahren um den erhöhten Wasserspiegel des Paraná Flusses zu trotzen. Ca. 100 Km Flussabwärts von hier wurde das Stauwerk Yasyretá mit Argentinien zusammen gebaut. Ich frag mich für was? 300Km weiter nördlich haben wir das größte Wasserstauwerk der Welt, Itaipù.Auch hier standen bei meinen letzten Besuch noch Häuser. Das war alles zugebaut bis am Hafen runter. Eine alte Fregatte ist geblieben…!Sieben Brücken verbinden die Stadt mit dem Festland und drum herum wird die „Costanera“ gebaut.
Absolut ein neues Gesicht für die Stadt. Wunderschöne Küsten Anlagen und Weißer Sand für den 36 Km Strand wird herbeigefahren.
Doch… der Paraguayer ist es leider nicht gewöhnt sein Müll zu entsorgen… das Wasser um die Stadt steht still… hohe Temperaturen und jede Menge Ungeziefer… ich frag mich was wird hier in den nächsten 10 Jahren los sein? Bisher ist viel Geld geflossen… man sagt, dass mehr als die Hälfte des zur Verfügung stehende Kapital vom Yasyretá-Projekt in private Taschen verschwand… auch das ist Paraguay.
Doch vorerst verabschiede ich mich mit dem gestrigen Sonnenuntergang auf den Paraná Fluss mit der Skyline von Posadas, Argentinien!
Herzliche Grüße aus Encarnación.PS. Ich hoffe diesen Eintrag posten zu können. Ich habe nur bedingt I-Net am Fenster in der Küche oder ich muss mit Sorella zum Nachbar. Das ist auch ein Grund, dass ich nicht in andere Blog stöbere und kommentiere.
Ela- danke für die schönen Bilder und Deinen anschaulichen Bericht!
AntwortenLöschenIn dem Haus von Deiner Verwandten muss man sich ja wohlfühlen bei so toller Gastfreundschaft und lieben Menschen
Danke das Du uns an Deiner Reise teilhaben lässt
Schönen Urlaub wünscht Dir
Elma
...ach Ela, du kommst rum, du erlebst viel und du sollst dich freuen über all die Menschen, die du triffst...weiterhin viel Freude, Spaß und Erinnerungen wünscht dir die Gli
AntwortenLöschenLiebe Ela,
AntwortenLöschenich weiß gar nicht was ich zuerst sagen soll. Du bist momentan voll in deinem Element, hab ich Recht?
LG Sabine
Das ist ein so toller Bericht, aber auch ein kleiner erhobener Zeigefinger ist zu spüren für deine alte Heimat. Ich glaube auch, das du richtig stolz und froh bist, wieder dort zu sein und das alles sehen und genießen kannst. Ich wünsche dir wirklich noch eine gute Zeit dort und auf bald. LG Inge
AntwortenLöschen...so schön und interessant, liebe Ela, und so liebevoll, wie du von deiner Familie berichtest.
AntwortenLöschenWünsche dir noch ein gute Zeit,
liebe Grüße von Birgitt
Hallo Ela, ich kann mich den Vorbloggern nur anschliessen. So farbenfrohe Bilder waehrend wir gerade im Schneesturm versinken, eine schoene Abwechslung! Viel, viel Spass auch weiterhin...
AntwortenLöschenGLG, Susi
Ganz tolle "Berichterstattung" mit superschönen Fotos.
AntwortenLöschenWelch eine Familie! Wunderbar - da spürt man beim Lesen geradezu die Herzlichkeit!
AntwortenLöschenLass es Dir weiterhin gutgehen!
LG, Bianca
Einfach toll, liebe Ela! Faszinierend, was Du alles so erlebst! Mit 92 noch tanzen - da muß man aber noch topfit sein. Leider erleben das nicht alle. Meine Mutti wird dieses Jahr 82 - sie hätte auch nie gedacht, einmal so alt zu werden. Aber tanzen .... ;-)
AntwortenLöschenKrokodilsfleisch - Hilfe! ... Aber ich bin eh kein Fleischesser ;-)
Eine wunderschöne Zeit wünsche ich Dir noch und alles Liebe
Sara
Ein toller Reisebericht, kommt mir bald so vor, als wäre ich selber dort. Und ich ertappe mich doch immer wieder, wie wenig ich doch von dieser Welt weiß und wäre auch weiterhin zum größten Teil unwissend, gäbe es solche Blogs nicht...
AntwortenLöschenSei lieb gegrüßt
Kvelli
Meine liebe Ela, ich habe deinen Bericht mit viel Freude gelesen. So ein Familiennest ist einfach toll. Schön, dass du es genießen kannst. Um deine Erfahrungen in und mit der großen weiten Welt beneide ich dich fast ein wenig :-))
AntwortenLöschenAlles Liebe und weiterhin eine schöne Reise
Bärbel
Liebe Ela,
AntwortenLöschenja ich weile auch noch unter den Lebenden. Langsam geht es bergauf.
Du hast wieder herrliche Fotos eingestellt. Aber am besten und schönsten ist Dein Bericht, der Deine Leser telhaben läßt an Deinen Erlebnisssen.
Du lebst richtig auf - darfst wieder du selbst sein. Ich gönne es dir von Herzen.
Liebe Grüße und einen herzlichen Drücker
von Deiner
Irmi